Lösungsdenken ist schädlich
Nach modernem Managementdenken brauchen wir Mitarbeiter, die nur in Lösungen denken. „Problemdenker sind nicht willkommen!“ Daher auch die Aufforderung, wenn ein Mitarbeiter mit einem Problem kommt, dann soll er gleich die Lösung mit präsentieren.
Natürlich, wir wollen alle pro-aktive Mitarbeiter, die mit einer positiven Einstellung an die Arbeit gehen. Das darf aber nicht so weit führen, dass das Wort „Problem“ verboten wird. Ganz im Gegenteil, wir alle haben ja nur deswegen einen Job, weil es noch Probleme gibt, die einer (profitablen) Lösung harren.
Fatal: „Wir brauchen XYZ“
Schädlich wird diese Problem-Phobie, wenn das Problem nur mehr oberflächlich untersucht wird und bar jeder Fakten eine Lösung präsentiert wird. Zum Beispiel habe ich vor kurzem in einer Besprechung folgendes Statement aufgeschnappt: „Wir müssen unsere Leistung verbessern und deshalb brauchen wir ein neues ERP-System.“ Dies fand breite Zustimmung bei den anwesenden Kollegen.
Tatsächlich aber war mir durch die Betriebsbesichtigung klar, dass ein durchgängigeres ERP-System die bestehende Dis-Organisation nur automatisierte. Die Einführung eines solchen Systems hätte das Management und die Mitarbeiter mehrere Jahre gebunden; nur um danach festzustellen, dass sich an der Leistungsfähigkeit des Betriebs nichts verbessert, oder diese gar verschlechtert hätte.
Daten und Fakten? Keine Zeit!
Viel zu häufig werden ohne tiefgreifende Analyse auf Basis von Fakten vermeintliche Lösungen vorgeschlagen. Die Diskussion dreht sich danach nur mehr darum, welche Marke, welcher Dienstleister oder welcher Projektleiter zum Zug kommen. Die grundlegende Annahme, dass die – voreilig – vorgeschlagene Lösung gar nicht zum – kaum oder schlecht analysierten – Problem passt, wird nicht mehr angezweifelt. Das Ergebnis: Verschwendung, Frustration und Verluste.
Patentlösungen, die keine sind
„Aber es hat sich so gut angehört“ lautet dann oft die Antwort. Ja, auch ich würde dem Versprechen „Ohne Mühe 10 Kilo in 1 Woche abnehmen“ gerne Glauben schenken, aber da haben wir ja unsere Erfahrungen…
Patentlösungen sind oft gar nicht so patent. Dazu gehören oft die Einführung von ERP, CRM, oder anderen EDV-Anwendungen, aber auch die kurzfristigen Einsparungen durch Einkaufs-Suboptimierung, oder die Einführung von allerlei Management-Trends wie „Blink“ – Entscheiden ohne Denken (bzw. ohne Hirn)“, Management by Objectives, Global Sourcing („weil´s ja so billig ist“), etc., etc. Aber natürlich auch die gedanken-lose Einführung von Lean und Six Sigma-Werkzeugen ist hier zu nennen.
Lieblings-Lösungen á la Funktion
Das „Wir brauchen..“ -Symptom ist oft eine anschauliche Demonstration dafür, dass jede Funktion – Verkauf, Produktion, Einkauf, Marketing, Entwicklung, IT, Controlling – seine Lieblingslösungen hat. Ein und dasselbe Problem wird von den Managern der verschiedenen Funktionen je nach Herkunft mit völlig unterschiedlichen Lösungen begegnet. Das wundert nicht, wenn keine Fakten als Regulativ zugrunde liegen.
Von der Problemdefinition zur Lösung
Daher besteht ein zielführenderer Ansatz in einer sorgfältigen Analyse des Problems. Anhand dieser Fragen können die Grundursachen erhoben werden und konkrete Lösungen effektiv und nachhaltig gefunden werden:
Schritt 1: Ein Problem oder eine Chance identifizieren
• Warum ist das ein bedeutendes Thema?
• Was ist der Kontext? Was macht es zu einem wichtigen Problem?
• Wem gehört das Problem? Wer ist dafür verantwortlich?
• Wollen die Verantwortlichen und Betroffenen an diesem Problem arbeiten?
• Was ist die niedergeschriebene Definition des Problems?
Schritt 2: Aktuelle Situation untersuchen (Fakten!)
• Wo stehen wir? Was wissen wir über das Problem? Woher? Wie?
• Sind das Meinungen oder Fakten?
• Wohin müssen wir? Wohin wollen wir?
• Ist das eine klare und eindeutige Problembeschreibung? Das wirkliche Geschäftsproblem?
Schritt 3: Suche nach Grundursachen durchführen (Root Cause)
• Was sind die Ursachen für das Problem?
• Was sind die Grundursachen? Woher wissen Sie das?
• Waren Sie vor Ort? Mit wem wurde gesprochen? Kunden?
• Welche Anforderungen, Bedingungen und Alternativen müssen berücksichtigt werden?
Schritt 4: Zielzustand entwickeln
• Wollen wir daran arbeiten, eine Lösung zu finden? Ist es das wert?
• Was ist die hier angestrebte Verbesserung?
• Was genau ist die messbare Lücke zwischen IST und SOLL?
Schritt 5: Gegenmaßnahmen zu den Grundursachen entwickeln
• Welche Gegenmaßnahmen werden vorgeschlagen?
• Was sind weitere mögliche Lösungen, die gefunden wurden? Mit wem wurden diese besprochen?
• Besteht eine direkte Kausalverknüpfung zwischen Gegenmaßnahme und Ursache?
• Wie wird die Lösung den Effekt der Grundursache verändern? Wie genau?
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Die weiteren Schritte 6-10 führen danach zu einer erfolgsversprechenden Lösung, die tatsächlich das Problem löst. Lean Experten haben natürlich erkannt, dass diese 10 Schritte aus der A3 Problemlösungsmethode des Lean entstammen.
Viel Spaß mit der Analyse Ihrer Probleme!
Für Fragen und Kommentare antworten Sie gleich hier oder schreiben Sie ein eMail an asattlberger@lean-works.com