Industrie 4.0 – Hype oder Hit?
Der Hype um Industrie 4.0 führt zu einer hohen Bekanntheit des Begriffs. Leider auch zu großer Verwirrung, denn es wird unter Industrie 4.0 alles Mögliche verstanden. Weniges davon hat – bis jetzt – eine hohe Relevanz für Manager, Geschäftsführer und Vorstände von Industriefirmen.
Häufig scheint es, dass unter Industrie 4.0 eine Vielzahl von Technologien und Lösungen verstanden werden, die auf der Suche nach passenden Problemen sind. Tatsächlich hat Industrie 4.0 mit der wertschaffenden Nutzung von Technologie zu tun. Allerdings sollte nicht die Technologie den Ton angeben, sondern die geschäftlichen Anforderungen und organisatorischen Probleme im Betrieb.
Was ist nun die Industrie 4.0? Es gibt eine offizielle Definition des Begriffs Industrie 4.0 auf der Plattform Industrie 4.0, hier.
Definition Industrie 4.0 aus Sicht des Managements
Eine für Manager zweckmäßigere Definition von Industrie 4.0 ist hier angeführt:
Industrie 4.0 aus Managementsicht erweitert den Wirkungsbereich des Managements – auf betriebliche, unternehmerische und marktbezogene Entscheidungen und Handlungen – durch die Digitalisierung und Vernetzung aller relevanten Objekte in und außerhalb des Unternehmens.
Diese Definition von Industrie 4.0 fokussiert auf die Anforderungen der Geschäftsführer und Vorstände. Ihre Prioritäten zielen auf die unternehmerische Anwendung der Technologien in Entscheidungen und Prozessen, nicht auf die technische Raffinesse, wie z.B. selbststeuernde Abläufe, Automatisierung, cyber-physische Systeme, etc. Denn die Probleme der profitablen Nutzung von Industrie 4.0 liegen nicht in den Technologien selbst, sondern in deren effektiven Umsetzung in Betrieben.
Technologie Domains als Silos
Die größten Hindernisse in der Umsetzung liegen nicht in den Technologien, sondern in deren effektiven Organisation. Dennoch, auch in der Technologie gibt es einige schwierige Herausforderungen zu bewältigen. Allein die unterschiedlichen Domains der Technologie erfordern viel Aufwand, um die von ihnen geschaffenen „Silos“ zu überwinden.
Diese Technologiebereiche – hier genannt „Domain Silos“ – haben sich aus unterschiedlichen Ursprüngen, Anforderungen und Anwendungen entwickelt und führten zu schwer überwindbaren „Wänden“ zwischen den einzelnen Domains. Jeder dieser Bereiche hat eigene Traditionen und spezifische technische Grundlagen, die wenig oder gar nicht mit den anderen integriert sind.
Die wichtigsten Domains sind folgende 4 Welten:
- die eCommerce-Welt
- die ERP-Welt
- die Engineering-Welt
- die Produktions-Welt.
Diese Technologien in den jeweiligen Domains werden zum Teil schon seit Jahren in Betrieben erfolgreich angewandt. Die neue Dimension besteht in folgenden zusätzlichen Entwicklungen:
- umfassende Digitalisierung der „Internet der Dinge“ und hier
- integrative Vernetzung zunehmender Endpunkte – auch über Domains hinweg
- massive Verarbeitungskapazität in der Erhebung, Speicherung, Analyse und Nutzung der Daten (Big Data, In-Memory-Technologien).
Dadurch entsteht eine neue Qualität, welche die Manager nicht länger ignorieren können. Industrie 4.0 ist also ein Weckruf an die Entscheider, die Chancen und Möglichkeiten moderner Technologien und des Internets tatsächlich zu nutzen, bzw. den Gefahren dazu aktiv zu begegnen.
In diesem Zusammenhang schneiden die Firmen in Europa relativ schlecht ab. Europäische Unternehmen könnten ihre Produktivität und ihren Erfolg durch besseren Einsatz von Informationstechnologie signifikant steigern, hier (PDF) und hier.
Auch in Verbindung mit den Lean Prinzipien können durch den Einsatz von Technologien eine höhere Transparenz, dramatische Verbesserungen und steigende Wertschöpfung erzielt werden.
Kern des Industrie 4.0 Problems
Ob jetzt Industrie 4.0 ein Hype oder eine Hit ist, hängt von der effektiven Umsetzung im konkreten Betrieb ab. Leider ist jedoch die Umsetzung von (Informations-) Technologie seit Jahren von miserablen Erfolgsquoten geplagt, hier.
Die Ursachen sind schon seit langem bekannt, aber werden noch immer von vielen Managern nicht ernst genommen, hier oder hier. Erfolg in der Umsetzung von Technologie erfordert die Einhaltung folgender 4 Prinzipien:
- Top Management Unterstützung
- Solide Methodologie
- Erfahrene technische Führung
- Einbindung der betroffenen Anwender und Kunden
Der Kern des Umsetzungsproblems liegt in dieser fehlenden Führung und in mangelhafter Kommunikation zwischen den drei betroffenen Rollen: Manager, Prozessmitarbeiter und IT-Personal. Jeder, der einmal mit solchen Projekten zu tun hatte, kennt die dysfunktionalen Konflikte, die häufig zu Misserfolg führen.
Um Industrie 4.o weiter zu treiben, muss daher nicht allein in der Technologie, sondern in erster Linie in der Organisation angesetzt werden.
Checkliste zur Standortbestimmung
Zur Überprüfung des eigenen Status in der Industrie 4.0-Reife ist der Industrie 4.0 Checklist-Würfel hilfreich. In den folgenden 3 Dimensionen werden die relevanten Positionen bewertet, indem die Standortbestimmung anhand von 3 Fragen durchgeführt wird:
- In welcher Funktion (Domains) haben wir bereits Erfahrung mit digitalen & vernetzten Lösungen?
- Auf welcher betrieblichen Ebene (Layer) müssen wir die Digitalisierung unseres Geschäfts vorantreiben?
- Welchen Entwicklungsgrad haben wir in der Anwendung erreicht?
Für Fragen und Kommentare antworten Sie gleich hier oder schreiben Sie ein eMail unter asattlberger@operational-excellence.at